ClassicPress – das „klassische“ WordPress
Die Entstehung
Mit WordPress 5.0 wurde im Dezember 2018 der neue Block-basierte Editor Gutenberg eingeführt. Im Vorfeld gab es zu dieser Neuerung einige Diskussionen und Frust in der Community. Wer sich dafür interessiert, findet viele Blogbeiträge aus der Zeit der Einführung. Gerade die Diskussionen auf WordCamps, z. B. auf dem WordCamp Europe in Berlin, sind mir noch gut in Erinnerung.
Jedenfalls gab es bei einigen den Wusch, auch dauerhaft weiter den bekannten und etablierten WYSIWYG-Editor TinyMCE zu nutzen. So entstand im August 2018 die Idee, einen Fork von WordPress zu kreieren, der auf den ClassicEditor setzt.
Was ist ClassicPress?
Im Kern ist ClassicPress noch immer WordPress, aber eben basierend auf dem Stand von WordPress 4.9 und damit ohne Gutenberg und andere Features, die seit der Version 5.0 eingeführt wurden. Das funktioniert, da WordPress ein OpenSource-Projekt ist und die Lizenz jedem erlaubt, den Code zu lesen, zu bearbeiten und neu zu veröffentlichen. Die Sicherheitsupdates, die WordPress 4.9 erhalten hat, wurden übrigens auch in ClassicPress integriert.
ClassicPress versteht sich als robustes CMS für professionelle Anwender, die eine gewohnte Plattform erwarten – Stable. Secure. Instantly Familiar. Das Hauptaugenmerk liegt dabei natürlich auf WordPress-Nutzern, die noch WordPress 4.9 (immerhin noch knapp 20 % der Installationen) oder das Plugin Classic Editor (über 5 Mio. aktive Installationen) einsetzen. Da das Plugin voraussichtlich ab 2022 nicht mehr vollständig unterstützt wird, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um über eine Umstellung nachzudenken.
Entscheidungen darüber, wie sich das CMS weiterentwickelt und welche Features implementiert werden, kommen bei ClassicPress aus der Community. Es gibt einen demokratischen Entscheidungsprozess mit klar definierten Rollen und Rechten.
Der große Vorteil an ClassicPress: Es ist im Kern eben immer noch WordPress. Die meisten Plugins und Themes aus dem offiziellen Repository für WordPress funktionieren also weiterhin und einige Entwickler haben bereits angekündigt, mit ihren Plugins explizit auch ClassicPress weiterhin zu unterstützen.
Installation
Der Installationsvorgang für eine neue Website mit ClassicPress ist der gleiche wie für WordPress: ZIP-Datei herunterladen, auf dem Server entpacken, Verzeichnis aufrufen, Datenbankzugang angeben, fertig.
Interessant ist aber vor allem auch die Konvertierung einer WordPress-Installation. Hierzu kann man einfach das Migrations-Plugin herunterladen und in seiner WordPress-Installation aktivieren. Anschließend wird mit einem Button-Klick die komplette Installation migriert. Unterstützt wird WordPress aktuell bis Version 5.5.3. Bei Inhalten, die bereits mit Gutenberg bearbeitet wurden, ist natürlich Vorsicht geboten. Alles andere sollte aber recht problemlos funktionieren. Natürlich sollte man immer vorher einen Wiederherstellungspunkt anlegen.
Bei mir lief die Migration in mehreren Tests ohne Weiteres durch. Nach kurzer Wartezeit präsentiert sich die Oberfläche von ClassicPress:
Und die ist erstaunlich unaufregend. Man muss schon genau hinsehen, um die Unterschiede zu WordPress zu erkennen. Vom Inhaltsbereich abgesehen, hat sich erstmal nur das kleine Icon oben links geändert und ein neuer Menüpunkt im Hauptmenü Sicherheit ist dazugekommen – ein Feature, das mit ClassicPress 1.1.0 eingeführt wurde. Oh, und die Spracheinstellung ist verloren gegangen. Das ist mir, ehrlich gesagt, erst nach fünf Minuten aufgefallen und lässt sich unter Settings › General › Site Language auch wieder sehr leicht korrigieren.
Alltag
Im Alltag mit ClassicPress ist mir bei meinen Projekten tatsächlich kein großer Unterschied zu WordPress aufgefallen. Alle wichtigen Plugins konnte ich weiterverwenden und auch die Themes funktionieren weiterhin. Natürlich werde ich beobachten müssen, wie sich das entwickelt. Da aber viele professionelle Entwickler auf Rückwärts-Kompatibilität achten, bin ich da eigentlich guter Dinge.
Auch die Entwicklung für ClassicPress ist für einen erfahrenen WordPress-Entwickler nichts Neues. Die Entwickler-APIs bleiben die gleichen, man muss lediglich bei einem Blick in die Doku ein bisschen darauf achten, wann Features eingeführt wurden, um nicht versehentlich ein Feature aus einer neueren WordPress Version zu verwenden. Ein Nebeneffekt an der Verwendung des alten Editors ist, dass man sich für die Entwicklung nicht in React einarbeiten muss, um den Editor anpassen zu können. Selbst die WP-CLI funktioniert mit ClassicPress.
Der Mittwald Softwaremanager ist mit ClassicPress nicht kompatibel.
Fazit
Für Fans des klassischen Editors von WordPress bietet ClassicPress eine gute, gewohnte und vor allem langfristig stabile Plattform. Um das CMS bildet sich inzwischen eine neue Community mit vielen spannenden Ideen und einem transparenten Entscheidungsprozess. Es lohnt sich also auf jeden Fall, das Ganze einmal anzuschauen!
Kommentare
Danke nochmal, toller Beitrag!